Damit Anlagen miteinander sprechen …

Kommunikationsverbindungen und Regelungstechnik im Umspannwerk Wilster

Die Windpark Dammfleth-Hochfeld GmbH & Co. KG wurde im März 2002 gegründet und ist unter dem administrativen Dach der PCP Bau in Langenhorn zuhause. Deren Tochterfirma Emil Petersen hat sich nämlich auf den Bau von Stahlbeton-Behältern für die Energie- und Wasserwirtschaft spezialisiert. Angeschlossen ist der Windpark am 380kV Umspannwerk in Wilster. Das UW Wilster dient nicht nur diesem Windpark als Netzanbindung sondern ist auch in Sachen Energiewende nicht ganz unwichtig. Denn hier soll die geplante Stromtrasse Suedlink starten. Die geplante Trasse soll Strom vor allem aus regenerativen Energien vom Norden in den Süden bringen und genau beim Umspannwerk Wilster starten. Allerdings ist das Großprojekt, das maßgeblich Tennet als Netzbetreiber verantwortet, planungsintensiv und nicht unumstritten. Ein Baubeginn ist jedenfalls nicht vor 2020 zu erwarten.

Wie ging es los?

ee technik versteht sich als Energieprofi im Bereich der Steuer- und Regeltechnik für die regenerativen Energien. Über eine Empfehlung eines der größten Hersteller von Windkraftanlagen, der ENERCON, wurde das auf solche Anlagen in der E-Planung spezialisierte Ingenieurbüro IEE Kiel auf uns aufmerksam. Das 1996 gegründete Büro hat sich auf innovative Anschlusssysteme für die Windenergie spezialisiert und bietet ein breites Spektrum von Produkten und Dienstleistungen. Nicht zuletzt kostengünstige, standardisierte Einspeise- Umspannwerke für die Windenergie.

Anforderungsprofil und technische Herausforderungen

Der Windpark Dammfleth-Hochfeld ist an das Umspannwerk Wilster angeschlossen und vergleichsweise heterogen aufgebaut. Was die Regelung zusätzlich intransparent machte, waren die fehlenden Kommunikationsverbindungen zwischen den Anlagen. Deshalb sollte im Umspannwerk Wilster eine moderne Regeltechnik nebst entsprechender Kommunikationsanbindung einziehen. Das Ganze möglichst kostengünstig, so dass man nicht aufwendig Lichtwellenleiter (also Glasfaser) oder Kupferkabel würde verlegen müssen. Und noch etwas galt es zu berücksichtigen: Bei der neuen Steuer- und Regeltechnik, sollte der bestehende „Altpark“ nicht mehr mit eingehen. Diese Leistungen würden wir also quasi „herausrechnen“ müssen.

Wirtschaftlich optimal einspeisen

Um rentabel zu sein, ist das Einspeisemanagement für die Betreiber eines Windparks eine kritische Größe. In direkter Folge des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) werden die erneuerbaren Energieträger bei der Netzeinspeisung vorrangig gegenüber den konventionellen Kraftwerken behandelt. Daher kommt dem Einspeisemanagement eine wichtige Rolle zu, will man Netzüberlastungen oder gar Ausfälle verhindern und gleichzeitig die Wirtschaftlichkeit der einzelnen EZA im Auge behalten. Um den Leistungshaushalt der EZA zu steuern und zu regeln, setzt man sogenannte EZA-Regler ein, welche die Leistung direkt am zugewiesenen Netzverknüpfungspunkt gemäß EEG 2014 regeln.

Die unten stehende Schemazeichnung bietet eine grobe Übersicht zu den verschiedenen Schnittstellen. Der „DEA“-Regler wurde von uns gemäß den Vorgaben für die Wirk- und Blindleistung aufgebaut und über eine entsprechende Schnittstelle an den neuen Enercon-Windpark angeschlossen. Die eigentliche Kommunikationsschnittstelle zu allen Enercon-Windmühlen ist in der ersten Enercon-WEA angesiedelt, die sozusagen als „Master-Mühle“ fungiert.

Abb. 1 Übersicht Schnittstellen

EZA-Regler sind zentrale Komponenten für die Regelfähigkeit von Erzeugungsanlagen und dienen in dieser Hinsicht als Schnittstelle zwischen Netzbetreiber und Erzeugungsanlage. Die EZA-Regler erfassen dazu die aktuelle Netzsituation am Netzverknüpfungspunkt. Hierbei werden über Strom- und Spannungswandler Werte wie Strom, Spannung, Frequenz, Wirk-, Blind- und Scheinleistung erfasst. Je nachdem wie die aktuellen Werte von den Vorgaben des Netzbetreibers abweichen, entweder im Rahmen einer Kennlinie oder einer externen Sollwertvorgabe, ermittelt der EZA-Regler die jeweiligen Sollwertvorgaben (Regelwerte) für die einzelnen Erzeugungseinheiten(EZE). Durch den permanenten Soll/Ist-Abgleich direkt am Netzverknüpfungspunkt läuft eine Erzeugungsanlage dann durchgängig in einem wirtschaftlich optimalen Betriebspunkt und eventuell witterungsbedingte Verluste werden so ausgeregelt.

Grundsätzlich können die Sollwerte des Energieversorgungsunternehmen (EVU) analog, digital oder per Datenbus über eine Fernwirkanlage übermittelt werden. Der Direktvermarkter hat ebenfalls die Möglichkeit über einen Datenbus, Sollwerte vorzugeben sowie aktuelle Ist-Werte vom DEA-Regler zurück zu bekommen. Aus den gemessenen elektrischen Netzdaten und den Sollwertvorgaben werden die entsprechenden Steuerwerte ermittelt und per Schnittstelle an die jeweiligen Parkregler der EZA-Hersteller übermittelt. Auf diese Weise ist man mit dem DEA-Regler in der Lage, die Wirk- und Blindleistung am Netzverknüpfungspunkt zu regeln. Je nach dem, welcher Energieversorger als Partner fungiert, besteht die Möglichkeit sowohl die Wirkleistung als auch die Blindleistung nach unterschiedlichen Sollwertvorgaben zu regeln.

Im Laufe der Zeit sollen sämtliche an das Umspannwerk Wilster angeschlossenen Windkraftanlagen repowert werden. Die so entstehenden neuen Windparks werden anschließend ebenfalls in die Regelung mit aufgenommen. Das Projekt gestaltet sich allerdings insofern einigermaßen herausfordernd, als dass es auch zwischen diesen Anlagen noch keinerlei Kommunikationsverbindung gibt.

Wenn Anlagen miteinander sprechen

Die Kommunikationsinfrastruktur und die Qualität der erhobenen Daten wird in Zukunft für die beteiligten Betreiber und Vermarkter immer wichtiger werden.

Kritisch kann es insbesondere dann werden, wenn die Anlagen nicht über entsprechende Kommunikationsschnittstellen in Echtzeit kommunizieren können. Dazu kommt, das innerhalb von Windparks die Kommunikationsnetze oftmals instabil sind oder aufgrund von mühseligen Einwahlprozeduren über Modems die Betriebsdaten viel zu selten und nicht in ausreichender Datenqualität abgefragt, eingeordnet und analysiert werden. Auch eine heterogene Struktur im Windpark bedingt entweder durch verschiedene Anlagentypen unterschiedlicher Hersteller oder durch ein unterschiedliches Alter der Anlagen wie in unserem Falle macht die ganze Sache nicht einfacher.

Um für die Praxis eine zuverlässig funktionierende Lösung zu finden, haben wir den kompletten Aufbau der Kommunikationsschnittstellen und des DEA-Reglers zunächst etwa eine Woche lang im Labor getestet. Erst nachdem wir sicher waren, dass das Konzept funktioniert, haben wir es unter realen Bedingungen umgesetzt. Dazu haben wir in der schon erwähnten Master-WEA eine weitere Unterstation installiert, die über Real Ethernet mit der Hauptstation über eine gesicherte VPN-Verbindung verbunden ist. Da wir Komponenten von Beckhoff verwenden, die sich auf Windapplikationen spezialisiert haben, können diverse Bussysteme nach dem Baukastenprinzip bereitgestellt werden. Dies erlaubt uns die Schnittstellenkonfiguration optimal an den jeweiligen Standort anzupassen. Um einen sicheren VPN-Tunnel zwischen Haupt- und Unterstation aufzubauen, benutzen wir die UTM-Firewall Fortigate 60D.

Praktischer Einsatz

Dann ging es in sieben Schritten an die Implementierung:

  1. Zunächst haben wir die Schränke in der eigens dafür aufgestellten Übergabestation auf dem 380kV UW-Gelände des Netzbetreibers Tennet

Abbildung 2 Schrank

  1. Anschließend haben wir die Spannungsversorgung und alle einzelnen Komponenten (wie Messwertumformer, Ethernet Verbindungen etc.) miteinander verdrahtet.
  2. Dann folgte ein erster Funktionstest der Hardware, um dann
  3. die Software inklusive der Regelalgorithmen auf die PLCs (Programmable Logic Controller) der Haupt- und Unterstation aufzuspielen.
  4. Nun galt es zu überprüfen, ob die Kommunikationsverbindungen auch im Feld reibungslos funktionieren. Hier führten wir als erstes einen Kommunikationstest zwischen der Haupt- und Unterstation durch.
  5. Anschließend überprüften wir die Kommunikation zu Enercon beziehungsweise zu den einzelnen Anlagen, die geregelt werden sollten.
  6. Danach nahmen wir die Sprungantworten auf (das Ausgangssignal eines linearen, zeitinvarianten Systems, dem am Eingang die Sprungfunktion zugeführt wird. Sie eignet sich als Testsignal für ein System). Auf dieser Basis stellten wir abschließend die Parameter für den Regler ein.

Fazit und Ausblick

Die Lösung bewährt sich jetzt bereits in der Praxis. Die Kommunikation über das Internet erfolgt über eine feste VPN (Site-to-Site)-Verbindung. Das hat für den Betreiber den großen Vorteil, dass er nachträglich nicht noch eine LWL-Verbindung bauen muss. Über einen umfassenden Service konnten wir den Auftraggeber beziehungsweise den Betreiber stark entlasten. ee technik hat sich eigenverantwortlich genauso um die komplette Abstimmung mit dem Netzbetreiber Tennet gekümmert wie um die Anbindung der Enercon-WEA.

In Zukunft werden die Anlagen, die sukzessive repowert werden, ebenfalls an den DEA-Regler angebunden. Auch das 380kV UW soll in den nächsten Jahren umgebaut werden, so dass wir das Regelungskonzept an die neue Situation anpassen werden.

E-Planer und Kunde sind zufrieden und das Konzept einer VPN-Anbindung hat sich bewährt, so dass wir es auch bei Folgeaufträgen dieser Art wieder einsetzen werden können. Somit haben wir jetzt eine Lösung für Windparks, bei denen ebenfalls eine LWL-Verbindung zum Netzverknüpfungspunkt fehlt.

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