Die Geschichte der Windenergie und ein Blick in die Glaskugel
Am 18. September ist nach vier Tagen die Husum Wind 2015 zu Ende gegangen. Wir waren auf dem Gemeinschaftsstand Schleswig-Holstein mit dabei. Neben dem regen Austausch und Diskurs zu drängenden, aktuellen Fragen, ging es natürlich um zukünftige Anlagentechnologien. Grund genug für einen kurzen Rückblick auf die Geschichte der Windmühlentechnik und einen anschließenden Blick in die Glaskugel. Wie werden die Windräder der Zukunft aussehen, welche Technologien werden sich durchsetzen?
Historisch betrachtet….
ist die Windenergie eine der ältesten vom Menschen genutzten Energieformen. In Europa sind Windmühlen seit dem 12. Jahrhundert bekannt und wurden von Anfang an als sogenannte „Auftriebsläufer“ gebaut. Dieses Konstruktionsprinzip mit einer horizontal liegenden Rotordrehachse ist bis heute die Grundlage von Windenergieanlagen. Im Zuge der Industrialisierung und Elektrifizierung entwickelten sich auch die Windmühlen weiter. Zu Beginn des Ersten Weltkrieges betrug die Zahl der Windmühlen in etwa 11.400, danach ging die Nutzung zurück. Heutige Windkraftanlagen entwickelten sich aus der Windmühlentechnik. Schon in den 1890er-Jahren hatte der Däne Poul La Cour damit begonnen, die Windenergie wissenschaftlich zu erforschen.
Er machte die ersten Versuche in einem Windkanal und entwickelte das Konzept der Schnellläuferanlagen, bei denen sich die Flügelspitzen schneller bewegen als der Wind. Auch Deutsche, Franzosen und Amerikaner forschten intensiv an der Windenergie. Nicht zuletzt bedingt durch die Energieerfordernisse der beiden Weltkriege. 1957 wurde bei Geislingen auf der Schwäbischen Alb dann sozusagen das „Urmodell“ der Windkraftanlage errichtet.
Durch die Ölkrise der 70er-Jahre nahm man die Idee durch Windkraft Strom zu erzeugen wieder auf. Ab 1978 wurden etliche Versuchsanlagen in Deutschland errichtet, die breitere Förderung kam allerdings erst später mit dem Stromeinspeisungsgesetz von 1991. Den zügigen Ausbau und die technische Weiterentwicklung von Windenergieanlagen verstärkte endgültig das Erneuerbare Energien Gesetz von 2001. Die Leistung der Anlagen steigerte sich kontinuierlich von „etwa 50 kW bis 150 kW in den 80er auf 500 kW bis 600 kW in den 90er Jahren. Zu Anfang der 2000er-Jahre betrug die Leistung einer durchschnittlichen Windenergieanlage etwa ein Megawatt (MW). Heute werden bei der Windenergienutzung an Land (Onshore) üblicherweise Anlagen mit einer Leistung von rund 3 MW installiert, allerdings gibt es auch Projekte mit deutlich größeren Generatorleistungen.“
Dabei hängt die von einer Anlage erzeugte Energie quadratisch vom Rotordurchmesser ab sowie von der Windgeschwindigkeit zur dritten Potenz. Und schließlich spielt die Nabenhöhe eine Rolle. Beim Rotordurchmesser ging es sogar noch schneller: Er wuchs im selben Zeitraum von etwas mehr als 20 Metern auf rund 100 Meter. Das belegen Zahlen der Deutschen WindGuard.
Technik versus Förderung?
Hier zunächst ein Blick zurück auf die rasante technische Entwicklung.
Ein Beispiel: die Nabenhöhe bei neu errichteten Anlagen. Lag die Nabenhöhe 1992 im Schnitt noch bei etwas über 30 Metern hatte sich der Wert bis 2014 vervierfacht. Nur: Das wird aller Voraussicht nach nicht ewig so weiter gehen. Forscher und Berater sind sich allerdings nicht ganz einig, wenn es darum geht Prognosen zu treffen. Die einen sagen, dass bei 200 Metern Höhe noch lange nicht Schluss ist. Neben den technischen Bedenken, sind es aber die Kosten, die es mit den ambitionierten Höhen gleichermaßen nach oben treibt. Dazu kommt die aufwendige Montage beziehungsweise der Transport zur Baustelle.
Auf dem öffentlich geförderten Windfeld-Nord testen nicht nur Branchenriesen wie Senvion, Enercon, Siemens, Nordex und General Electric neuartige Anlagen. Das Husumer Unternehmen Skywind hat dort einen Prototypen mit nur zwei, statt der üblichen drei Flügel errichtet. Das soll die Montage auf der Baustelle deutlich vereinfachen.
Die Gondel und die beiden waagerechten Rotorblätter werden mithilfe eines Seilzuges als eine Einheit hoch- und runtergefahren. Ein Kran ist nicht mehr nötig – das soll laut Frank Richert vom Hersteller Skywind Kosten und Zeit sparen. Zudem könne höher gebaut werden.
Geht es nach Skywind, soll sich auf jeden Fall auch die Anbindung ans Stromnetz verändern: Es soll in Zukunft nicht mehr jedes Windrad einzeln angeschlossen werden, sondern mehrere gleichzeitig über einen gemeinsamen Einspeisepunkt. Der Prototyp des Zweiflüglers ist übrigens kurz vor der Messe Husum Wind ans Netz gegangen.
Letztes Jahr wurde das Erneuerbare Energien Gesetz (EEG) novelliert. Ein Bestandteil der Novelle ist unter anderem: Die Förderung für das sogenannte Repowering ist gestrichen worden, also für das Ersetzen von alten durch neue Windräder. Darin begründet haben Betreiber inzwischen ein Interesse entwickelt, ihre Anlagen über die bisher üblichen 20 Jahre hinaus zu nutzen und entsprechend zertifizieren zu lassen. Auch Peter Becker, Chef der Husum Wind, sieht in dem gestrichenen Förderbonus keine Gefahr: „In der Vergangenheit war es so, dass die Nachteile in der Förderung durch die technischen Fortschritte im Anlagenbau ausgeglichen wurden.“ So äußerte Becker sich in einem Beitrag im Handelsblatt.
Will man Anlagen in Zukunft effizienter betreiben wird zusätzlich eine weitere Stellschraube zunehmend wichtiger. Bauteile und Steuerungselemente müssen so aufgebaut werden, dass ein optimales Zusammenspiel untereinander gelingt.
Das Windrad der Zukunft
Neben dem zweiflügeligen Rotor wie dem Skywind-Prototypen gibt es natürlich noch andere Ideen und Konzepte wie das Windrad der Zukunft aussehen könnte. Eines dieser Modelle ist der „Electrostatic Wind Energy Convertor“ – kurz Ewicon, ein Produkt holländischer Entwickler. „Das System wird zunächst mittels Hochspannung aufgeladen. Dann sprühen extrem winzige Düsen einen sehr, sehr feinen Wassernebel über die Elektroden. Die Wasserpartikel haben eine positive Ladung. Der Wind weht dann die positiv geladenen Wassertropfen einfach aus dem System heraus. Damit steigt innerhalb des Systems der Anteil negativer Ladung und damit dann die Spannung und letztendlich entsteht somit der Strom.“ Dadurch gibt es weder Geräusche, noch wandernde Schatten. Allerdings ist der Wirkungsgrad gegenüber herkömmlichen Windenergieanlagen noch sehr niedrig.
Andere Ideen sind beispielsweise Windturbinen, die unter der mithilfe einer heliumgefüllten Hülle bis zu 600 Meter über dem Boden schweben oder eben der neue Ansatz mit Kites dem Wind die Energie zu entnehmen. Solche Konzepte werden beispielsweise am Massachusetts Institute of Technology (MIT) erforscht. Der Haken bei fliegenden Windkraftanlagen: Sie gelten als Luftfahrthindernis, müssen in Karten eingetragen und mit Warnlichtern ausgestattet werden.
Und schließlich gibt es noch eine dritte Variante der Zukunftstechnologie: Die Invelox-Turbinen des Unternehmens Sheerwind, die eher einem Trichter ähneln: „Oben wird der Wind eingesammelt und durch ein Röhrensystem geschickt, in dem der sogenannte Venturi-Effekt zum Tragen kommt, wonach die Strömungsgeschwindigkeit dort am größten ist, wo der Querschnitt des Rohres am kleinsten ist.“ In einer Studie des New Yorker City College wird dieser Technologie durchaus Potenzial eingeräumt.
Fazit
Die vom Fraunhofer IWES durchgeführte Studie zur Energiewende kommt zu dem Schluss, dass die Erzeugung von Strom aus Windenergieanlagen das Stromsystem in Deutschland prägen wird. „Nach dem Leitszenario des Netzentwicklungsplans wird im Jahr 2023 in Deutschland etwa jede dritte Kilowattstunde Strom in Windenergieanlagen erzeugt werden.“
Allerdings kommen auf Betreiber, Errichter, Hersteller und Entwickler einige Herausforderungen zu. Eines von vier Kernergebnissen der Agora-Energiewende-Kurzstudie: „Eine systemoptimierte Auslegung von Windanlagen ermöglicht eine stetigere Einspeisung mit weit höheren Volllaststunden und stellt geringere Anforderungen an das Stromsystem.“